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Weisheiten aus einem langen Reiterleben


Philippe Karl in Alsfeld – wir fragen, er antwortet

Beim Event „Eine Reise in die Welt der Légèreté“ in Alsfeld am 22. September 2018 gab es auch Gelegenheit, Fragen zu stellen. Aus den Zuschauerfragen wurden drei ausgewählt, aber auch Organisatorin Andrea Walz hatte etwas auf dem Herzen.


„Welche besonderen Herausforderungen gab es bei der Vorbereitung auf diese Show?“, fragte sie Philippe Karl nach seiner Solovorführung mit High Noon. Philippe Karl erklärte, er habe spät angefangen, mit High Noon zu springen, auch weil das Pferd in jungen Jahren eine Verletzung am Fesselträger hatte. Außerdem sei der Wallach extrem aufgeregt, ja sogar panisch gewesen, und es habe lange gedauert, bis er ruhig an den Sprung gehen konnte. Grundsätzlich sei es eine besondere Schwierigkeit, ein Pferd nach dem Sprung wieder so stark zu versammeln, dass es in der Lage ist, Lektionen der hohen Schule wie Piaffe, Passage oder Galopppirouetten zu zeigen. Nicht zuletzt muss auch das Reiten dieser Lektionen im Springsattel mit kurzen Bügeln mit dem Pferd geübt werden, denn die Schenkelhilfen erfolgen dabei nicht an der gleichen Stelle wie im Dressursattel. Aber: „Springen gehört für mich zu jeder klassischen Ausbildung dazu“, betonte Karl.


Eine wichtige Person in seinem Leben dachte so wie er: General Pierre Durand, der früher erfolgreicher Springreiter war und dann Ecuyer en Chef des Cadre Noir wurde. „Er hatte als Einziger die komische Idee, mich zum Cadre Noir zu holen“ witzelte Karl – auch er war in jungen Jahren Springen und Vielseitigkeit gegangen. „Daher widme ich die heutige Präsentation General Durand.“


Bei der ersten Zuschauerfrage ging es um die Entwicklung der deutschen Warmblutzucht. Philippe Karl witzelte: „Die deutsche Warmblutzucht braucht mich nicht!“ Die Zucht bewege sich weltweit auf dem ersten Rang; seit 40 Jahren würden die Pferde immer schöner, immer besser. Aber Monsieur hieße nicht Monsieur Karl, wenn er nicht doch etwas Kritisches anzumerken hätte! Man möge bei der Selektion Vorsicht walten lassen, mahnte er. Wenn Fohlen bereits spanischen Trab zeigten und das werde ignoriert, dann würden die Gänge immer unnatürlicher und die Pferde würden zunehmend physische Probleme entwickeln. „Zu viel ist einfach zu viel“, so seine simple Formel. Auf den Turnieren werde genau dieses Problem sichtbar, wenn die Pferde „mit unglaublich künstlichen Gängen“ vorgestellt würden – und nur diese würden offenbar im Viereck zugelassen.


In der zweiten Frage betraf seine Lehre: Ob er diese in den fünf Jahrzehnten seiner Arbeit mit Pferden verändert habe? Philippe Karl erklärte, er habe sich sein Leben lang mit Hippologie beschäftigt, laufend wissenschaftliche Beiträge gelesen, dazu die alten Reitmeister, und zahlreiche Pferde geritten, die andere nicht haben wollten. Er habe Fehler gemacht, ihn habe aber stets die Idee angetrieben, „immer besser zu werden“. Wobei Wesentliches unverändert blieb: Respekt vor dem Pferd, Verzicht auf Hilfszügel, scharfe Gebisse, Kraftreiterei. „Wenn ich mit einer sanften Methode ein besseres Ergebnis erzielen konnte – dann habe ich das selbstverständlich übernommen“, sagte Karl. Die Verbesserungen seien allerdings „endlos“ – die Entwicklung geht immer weiter. „Fragen sich mich in 50 Jahren noch mal, dann können wir wieder drüber reden“, scherzte er.


Ob er Baucherist sei, lautete die dritte Frage – da wurde es knifflig – die Insider hielten den Atem an! Man weiß: Monsieur Karl hat eine Abneigung gegen Schablonen und starre Dogmen. Also bog er das Thema geschickt um: Es gehe darum, sich zu fragen, „was das Beste für das Pferd ist“. Und wenn der Einsatz der hohen Hand oder die Abkau- und Biegeübungen ein verrittenes Pferd in kürzester Zeit wieder auf eine gute Spur bringen, dann ist das der Weg. Sein Rat: „Clevere Ideen statt immer neues Equipment“. Baucher habe er im Übrigen ausführlich in seinen Büchern kommentiert.


Text: Gabriele Krüper

Fotos: Claudia Schipper & Meike Wix & Natalie Drees



Philippe Karl & High Noon in der Trabverstärkung



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